Pulsar Merger - Binokulare Wärmebildkamera

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Pulsar Merger - Binokulare Wärmebildkamera

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Bereits Pulsars Accolade spielt durch die Möglichkeit beidäugigen Sehens, Laserentfernungsmesser und High-End Komponenten im Top-Bereich jagdlicher Wärmebildkameras. Die Merger hat noch mehr Ähnlichkeit mit einem echten Fernglas und auch im Innern mehr zu bieten. Wir waren damit etliche Nächte unterwegs.

Binokulare Wärmebildkameras (WBK) bieten ein deutlich besseres und entspannteres Seherlebnis, nicht anders als bei einem herkömmlichen Fernglas und einem Spektiv. Die Natur des menschlichen Sehens ist auf zwei Augen abgestimmt, Informationen zum Sehen werden im Normalfall über zwei visuelle Kanäle gleichzeitig aufgenommen und im Gehirn zu einem Bild verarbeitet. Kommen die Informationen nur von einem Auge, simuliert das Gehirn binokulares Sehen, was natürlich sehr anstrengend ist. Das Sehen mit zwei Augen ist deutlich weniger ermüdend. Für längere Ansitze (v. a. ganze Nächte) ist eine binokulare WBK daher wesentlich komfortabler, hat eine bessere Erkennung von kleinen oder schwachen Objekten und eine bessere Leistung in kontrast­armen Szenarien als bei vergleichbaren monokularen WBK auf vergleichbarem technischen Niveau.

Vergleich Accolade Merger
Links das Merger - rechts die Accolade

Das konnte die Accolade auch schon. Bei der Merger wurde das äußere Design verändert und die Pulsar-Techniker haben sich noch Features wie einen zusätzlich eingebauten Akku zum üblichen Wechsel­akku oder eine Auto-Abschaltung der Bildschirme, wenn man die WBK von den Augen nimmt, einfallen lassen.
Der Unterschied im Design ist gewaltig – war die Accolade ein viereckiger Kasten mit zwei Okularen hintendran, ist die Merger aufgebaut wie ein Fernglas mit zwei Objektiven vorn. Nötig für die Wärme­bildtechnik ist nur ein Objektiv, im anderen ist der Laserentfernungsmesser untergebracht.
Jedes Okular hat seine eigene Dioptrieneinstellung (+ 5 bis - 5), den Augen­abstand verstellt man durch Verschieben der Okulare (56 bis 71 mm). Die Okulare haben Gummiblenden gegen Seitenlicht, für Brillenträger umklappbar.

Scharf gestellt wird nicht über ein Fokussierrad hinten (Accolade), sondern vorn am linken Objektiv. Das Gehäuse besteht aus Magnesium (Accolade: Kunststoff).
Die technischen Komponenten der WBK entsprechen fast der Accolade. Der Sensor hat eine Auflösung von 640 x 480 Pixel, die Bildwiederholungsrate liegt bei 50 Hz, der Pixelabstand beträgt 17 µm und bietet damit eine hochdetaillierte Abbildung. Auch der NETD-Wert liegt bei <25 mK – absolute Spitzenklasse. Unterschiede gibts bei den Bildschirmen – bei der Merger kommen AMOLED HD Displays mit 1024 x 768 Pixel zur Anwendung (Accolade 640 x 480).

Laserentfernungsmesser und automatische Abschaltung der Bildschirme

Die Detektionsreichweite liegt bei 1 800 m, die optische Vergrößerung ist 2,5fach, der Objektivdurchmesser 50 mm – ein guter Kompromiss, der ein Sehfeld von 21,8 auf 1 000 m bietet. Dazu ist ein 2-, 4- und 8facher Digitalzoom an Bord, der für eine 5 - 20fache Vergrößerung sorgt.
Die Farbton-Palette (acht verschiedenen Modi) ist üppig, die Merger hat einen eingebauten Foto- und Videorecorder mit internem 16 GB-Speicher und per App eine Streaming-Funktion auf Smartphones.

Die Merger hat wie schon die Accolade einen Laser-Entfernungsmesser an Bord, der eine Reichweite 1 000 m bei einer Genauigkeit von +/-1 m hat.
Für die Nachtjagd sollte das mehr als ausreichen, sogar ein Scanmodus ist vorhanden. Neu ist die automatische Abschaltung des Displays, wenn man die Merger von den Augen nimmt. Das ist sehr praktisch und verhindert eine Entdeckung durch die nach hinten abgestrahlte Helligkeit. Bei der Accolade musste man dafür noch manuell eine Standby-Taste betätigen.

Gleich zwei Akkus

Die Merger LRF wird mit aufladbaren Akkus betrieben – einem eingebauten (Kapazität: 4 Ah) und einem Wechselakku (3,2 Ah).
Sind beide voll, soll eine Laufzeit von bis zu 10 Stunden erreicht werden. Der Ladestand beider Akkus wird im Display separat angezeigt.
Es wird zunächst der Wechselakku benutzt – und automatisch umgeschaltet, wenn der leer ist. Führt man einen zusätzlichen Wechselakku mit sich, kann der bei laufender Kamera eingelegt werden – und die Merger schaltet wieder auf den Wechselakku um.

Das mitgelieferte Ladegerät ist zum gleichzeitigen Laden von zwei Akkus eingerichtet. Auch ein Anschluss für eine Powerbank ist vorhanden.
Die Accolade hat lediglich einen Wechsel­akku (6,4 Ah), der ausreichend Energie für fast neun Betriebsstunden liefert, die Merger ist trotz zwei Akkus also nur geringfügig im Vorteil. Dafür lässt sich der Akku wechseln, ohne auszuschalten.

Wechselakku
Der Wechsel-Akku lässt sich einfach nach hinten herausdrücken und rastet beim Einsetzen automatisch ein.

Im Revier

Die Merger wiegt mit Akkupack 940 g – gegenüber Accolade schwerer, was am Magnesiumgehäuse und einem Objektiv mehr liegt. Das merkt man beim Pirschen schon. Die WBK kalibriert wahlweise automatisch oder manuell, wobei die Geräusche nicht besonders laut sind. 

Die Bedienung erfolgt über sechs Drucktasten auf der Oberseite, die in zwei Dreierreihen angeordnet sind:

- rechts Tasten, die man ständig braucht: Vorn An-Aus, dahinter die Foto/VideoFunktion und am Ende der Entfernungsmesser,
- links liegt die Menütaste mit zwei Pfeiltasten zur Navigation.

Die Tasten haben genügend Abstand zueinander und sind auch im Dunkeln gut fühlbar.
Die Bildqualität ist beeindruckend –durch den besseren Bildschirm und die neue Software noch etwas klarer und schärfer als bei der Accolade. Auch kleinste Details sind erkennbar und das Bild bleibt auch im Schwenken ruhig. Die Scharfstellung vorn am Objektiv ist allerdings nicht so praktisch wie der hinten liegende Mitteltrieb der Accolade, den man ohne Veränderung der Handlage bedienen konnte.

Merger Bild
Suchtfaktor Merger: Das Bild ist glasklar, auch der Hintergrund ist gut zu erkennen. 

Der Laserentfernungsmesser arbeitet problemlos und präzise, der optische Zoom ist durch den hochauflösenden Detektor gut nutzbar, in der ersten Stufe (5fach) wird das Bild nur unmerklich pixeliger.
Sehr angenehm ist die automatische Display-Abschaltung, sie reagiert sehr schnell – wenn man die Merger wieder an den Augen hat, läuft sie bereits wieder – beim Pirschen ein echter Vorteil.

Der Wechselakku ist sehr schnell entfernt und gegen einen Vollen ausgetauscht, dazu braucht keine Verriegelungstaste gelöst werden – einfach vorn draufdrücken und der Akku kann nach hinten entnommen werden. Der volle Akku wird von hinten eingelegt und rastet automatisch ein. Das geht auch im Dunkeln sehr zügig. 
Resümee: Ist die neue Merger besser als die Accolade ? Das lässt sich nicht ganz eindeutig beantworten. Sie ist anders, mit Vor- und Nachteilen. Durch das Magnesiumgehäuse ist sie deutlich schwerer, aber dafür auch robuster. Optisch sieht sie mehr wie ein Fernglas aus – ob das bei einer Wärmebildkamera eine Rolle spielt, muss man für sich selbst beantworten.

Technisch ist sie durch die besseren Displays im Vorteil und die automatische Abschaltung ist schon sehr bequem.
Statt eines starken Wechsel-Akkus einen schwächeren Fest-Akku mit einem ebenfalls schwächeren Wechsel-Akku zu ergänzen, scheint auf den ersten Blick nicht ganz nachvollziehbar, aber wohl bauartbedingt, da sich im Mittelteil nur ein schlanker Wechselakku unterbringen lässt. Die Laufzeit erhöht sich nur geringfügig. Lediglich die Möglichkeit, einen neuen Wechselakku bei laufendem Gerät einzulegen, ist ein Plus. 

Die Merger kostet 4 690 € – und ist damit trotz besserer Technik und aufwändigem Magnesiumgehäuse genau so teuer wie die Accolade. Das High-Tech-Gerät hinterlässt beim Anwender einen gewissen Suchtfaktor ...

Norbert Klups

Technik auf einen Blick

Technik auf einen Blick Merger