Optik-Test: Kahles Helia

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Optik-Test: Kahles Helia

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Das Programm großer Jagdoptik-Hersteller ist ziemlich unübersichtlich – drei bis vier Produktlinien mit je einem halben Dutzend Modellen. Um Unterschiede bei Preis und Qualität herauszufinden, bedarf es schon eines sehr genauen Studiums von Katalogen und Webseiten. Kahles geht den umgekehrten Weg und bietet mit 30 mm-Mittelrohr nur noch drei Modelle – mit und ohne Schiene. Wir haben den Allrounder Helia 2 - 10 x 50 i getestet.

Solch eine Sortimentsstraffung bietet für Hersteller Logistik-Vorteile und senkt die Produktionskosten – ein Vorteil, der an Endkunden weiter­gegeben wird. Mit den drei Modellen werden alle jagdlichen Situationen sehr gut abgedeckt:
- der Drückjagdspezialist 1 - 5 x 24 spielt mit 42 m Sehfeld ganz weit vorn in der Premiumklasse mit,
- das 2 - 10 x 50 ist ein Allrounder für Bewegungsjagd, Pirsch und Ansitz auch bei schlechtem Licht,
- das 2,4 - 12 x 56 ist ein lichtstarkes Dämmerungsmodell – auch für weitere Schüsse (bezogen auf jagdl. Distanz).

Alle Gläser haben ein beleuchtetes Tag-Nacht Absehen, optional mit Absehen­schnellverstellung. Mit dem fünf-fachen Zoomfaktor bewegt man sich im Mittelfeld, hat aber den Vorteil, elegante und schlanke Zielfernrohre bauen zu können.

Optisch war unser 2 - 10 x 50 sehr ansprechend und vermittelte den Eindruck eines klassischen Zielfernrohres – also ohne „Aufbauten“ auf dem Okular oder gummierte Drucktasten, sondern neben den Türmen für Höhen- und Seitenverstellung nur noch die Leuchteinheit links am Mittelrohr. Der aus Alu gefräste Zoomring ist grob geriffelt, auch die Abdeckkappen der Türme sind so ausgeführt. Gummi findet sich lediglich als Polsterung hinten am Okular – und da ist das weich-dämpfende Material sehr sinnvoll verbaut.

Helia 2 - 10 x 50 i
Das Sehfeld von 21 m auf 100 m bei kleinster Vergrößerung bietet einen sehr guten Überblick – wichtig, wenn auf kurze Distanz geschossen wird wie an Kirrungen oder bei Bewegungsjagden. Selbst mit diesem Sehfeld ist das Kahles sicher kein optimales Drückjagdzielfernrohr, aber bei Ansitzdrückjagden, bei denen Wild nicht hochflüchtig kommt, sehr gut einsetzbar.

Die Maximalvergrößerung von zehnfach erlaubt auch weite Schüsse. Das wird noch unterstützt durch die Anordnung des Absehens in der zweiten Bildebene. Beim Hochzoomen verändert das Absehen seine Stärke nicht und bleibt auch bei 10fach sehr fein.

Kompakte Abmessungen, großer Augenabstand
Kahles ist mit der neuen Helia-Serie eine sehr kompakte Bauweise gelungen. Das Glas hat eine Gesamtlänge von lediglich 341 mm und wiegt 585 g – für ein 50er-Zielfernrohr beeindruckend leicht. Durch den kurz gehaltenen Objektivkonus bleibt reichlich Montagespielraum. Der Körper mit 30 mm-Mittelrohr wird aus einem Stück Alu gedreht und ist auch härtesten Belastungen gewachsen.

Der Augenabstand (9,5 cm) ist ausreichend, um auch bei starken Kalibern einen beruhigenden Abstand zum Auge zu haben. Zusätzlich ist der Rand mit einem weichen Gummiring ausgestattet. Die Reihe wird auch mit der vom Mutterhaus geschützten Swarovski-Innen­schiene angeboten. Wie üblich ist das Kahles wasserdicht, Stickstofffüllung verhindert Innenbeschlag der Linsen. Die Verstellung des zentrierten Absehens ist mit einer Rastung ausgestattet, die pro Klick die Treffpunktlage auf 100 m um einen Zentimeter verändert. Der Gesamtverstellweg in Höhe und Seite beträgt je 1,6 m – für die Jagd völlig ausreichend. Der Dioptrieausgleich am Ende des Okulars reicht von +2 bis -3,4 dpt. Die Schutzkappen der Verstelltürme haben eine angenehm griffige, grobe Riffelung, die ein Lösen auch bei fest angezogenen Kappen erleichtert.

Kahles Helia Okular
Der Verstellring für die Vergrößerung ist grob geriffelt und sehr griffig.

 

Leuchtpunkt schaltet automatisch ab
Der rote Zielpunkt des Absehens 4-Dot ist fein dimmbar und überstrahlt auch bei sehr schlechten Lichtverhältnissen nicht. Bei höchster Stufe ist er noch bei hellem Sonnenlicht gut sichtbar. Der wirklich runde Punkt ist scharf abgegrenzt. Bei ausgeschaltetem Leuchtabsehen ist der schwarze Punkt im Fadenkreuz kaum sichtbar.
Kahles steuert das Leuchtabsehen über einen stufenlosen Drehknopf an der linken Gehäuseseite, der deutlich fühl- und leider auch hörbar einrastet, wenn das Leuchtabsehen aus ist.

Kahles Helia Leuchteinheit
Die Leuchteinheit liegt traditionell als dritter Turm links am Mittelrohr.

 

Auch die neue Baureihe ist mit dem Automatic Light-System ausgestattet, das das Leuchtabsehen über einen Neigungs­sensor automatisch abschaltet, wenn die Waffe eine schussgerechte Haltung verlässt. Im Anschlag ist der Leuchtpunkt sofort wieder da – so schnell, dass man es in der Praxis nicht bemerkt. Dadurch verlängert sich die Lebensdauer der Batterie deutlich.

In Labor und Revier
Bevor das Testglas montiert wurde, kam es zunächst in ein optisches Labor, um die relevanten Werte zu messen. Heute verlagert sich die Jagd immer mehr in dunkle Stunden, wodurch die Transmission für ein Zielfernrohr mit 50 mm-Objektiv besondere Bedeutung hat – die Tagtransmission lag bei 91,2, der Nachtwert bei 90,0 Prozent. Auch das Auflösungsvermögen von 4,3 Winkel­sekunden ist sehr gut, Streulicht ist nur in sehr geringem Umfang vorhanden.

Das Testglas kam mit einer MAK- Schnellspannmontage auf eine Steel-Action HM. Die Verstelleinrichtung arbeitet sehr präzise, die Büchse war mit wenigen Schüssen eingeschossen. Die Verstelltürme lassen sich nullen, aber nur mit Werkzeug.

Kahles Helia Verstelleinrichtung
Die Verstelleinrichtung ist klar beschriftet und arbeitet sehr präzise. Zum Nullen wird Werkzeug benötigt.

 

Beim Nachtansitz überzeugte das Kahles mit hellem Bild, sehr gutem Kontrast und beeindruckender Randschärfe. Das Leuchtabsehen lässt sich so einstellen, dass der rote Punkt gerade noch erkennbar ist. Der Verstellring der Vergrößerung braucht von 2- bis 10fach nur eine halbe Umdrehung. Der grob geriffelte Verstellring ließ sich auch bei kalten Temperaturen mit Handschuhen gut bedienen. Besonders das große Sehfeld ist in der Praxis sehr komfortabel.

Resümee: Kahles’ neue Serie Helia bietet Jagdzielfernrohre ohne überflüssigen Schnickschnack, dafür aber mit sehr guter Optik. Dass man sich auf’s Wesent­liche konzentrierte, schlägt sich auch im Preis nieder – mit 1 600 € steht das 50er Helia in puncto Preis-Leistungs­Verhältnis sehr gut da. Härtester Konkurrent dürfte das Zeiss Conquest V 6 sein – mit 1 595 € im gleichen Preis­bereich – zwar mit Sechsfach-Zoom, dafür deutlich schwerer (655 g).