Nachtjagd-Komplettlösung

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Nachtjagd-Komplettlösung

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Das klassische Optik-Set zur Nachtjagd auf Sauen besteht in der Regel aus Zielfernrohr, Nachtsichtgerät und Montageadapter zur Verbindung der beiden. Dabei lassen sich alle möglichen Fabrikate kombinieren. Blaser bietet jetzt dazu eine Komplettlösung mit genau aufeinander abgestimmten Komponenten.

Die neuen BL2 Zielfernrohre wurden speziell zum Gebrauch mit Nachtsichtoptiken entwickelt. Dazu kommt ein Montageadapter, der ein verdrehtes Aufsetzen unmöglich macht. Damit man bei Nacht ein klares Bild hat, wird das Ganze komplettiert mit einer Liemke High-End-Wärmebildkamera. Wir haben das Set für Sie getestet.

Zielfernrohr: die neue B 2-Serie

Blasers B 1 Infinity-Zielfernrohre haben sich im High-End-Bereich etabliert, was aber auch preislich gilt. Ob es so hochpreisige Modelle für das letzte Prozent Transmissionsleistung überhaut braucht, wenn man sowieso mit einem Vorsatz jagen will, ist eine aktuelle Frage. Bei der Entwicklung der neuen BL 2-Gläser hieß die klare Vorgabe kürzer und günstiger. Die Serie umfasst ein 1 - 6 x 24, 2 - 12 x 50 und 2,5 - 15 x 56 iC. Für den RWJ-Test wählten wir das universelle 50er.
Die neuen Gläser haben ein 30 mm Mittelrohr (B 1: 34 mm), ihr Absehen liegt in der 2. Bildebene und der Zoomfaktor beträgt 6fach (optional mit Innenschiene). Unser Testglas mit Schiene ist 33 cm lang und wiegt 760 g. Das etwa gleich schwere B 1 ist etwa 1,5 cm länger.
Vorsatzgeräte belasten die Zieloptik durch das Mehrgewicht und die Klemmkräfte des Adapters, eine möglichst stabile Bauweise ist also von Vorteil, wiegt aber auch etwas mehr. Gegenüber einem 50er B 1 (3 284 €) kostet das neue B 2 aber nur 1 890 €. Optisch kommt das B 2 in mattschwarz, vom braunen B 1 hat man sich verabschiedet ... wer nicht gerade eine R 8 mit braunem Kunststoffschaft hat, wird das begrüßen.
Der digitale Dimmschalter des Leucht­absehens bleibt jedoch rechts am Zielfernrohr, zum manuellen Einschalten wird er herausgezogen. Mit einer iC-Control geht das Leuchtabsehen automatisch an, wenn der Spannschieber nach vorne kommt – sehr praktisch  ...  für R 8-Besitzer. Damit auch die breite Masse von dieser prak­tischen Einrichtung profitieren kann, gibts nun aber ein nützliches Zubehörteil – einen Klapp­deckel für das Okular mit einem Magnet. Klappt man ihn auf, schaltet sich das Leuchtabsehen ein, wird er geschlossen, gehts wieder aus.
Der neue Objektivdeckel kann dort auf­geklappt verbleiben, selbst mit Vorsatzgerät. Der Blaser-Adapter hat eine Ausfräsung für das Scharnier, die quasi als Führung dient. Der Adapter kann nur in einer Position aufgeschoben werden – ein verdrehtes Aufsetzen (führt bei WBK-Vorsätzen zur Treffpunktverlagerung) ist so sicher ausgeschlossen.
Die Absehenverstellung arbeitet in 1 cm-Schritten mit präzisen Klicks. Die Verstelltürme sind sauber beschriftet und werden mit Alu-Kappen vor unbeabsichtigtem Verstellen geschützt. Die wuchtigen Kappen lassen sich auch mit Handschuhen problemlos abschrauben.
Der Zoomring bewältigt den gesamten Verstellbereich mit einer halben Umdrehung und hat eine griffige Gummierung. Er läuft weich und geschmeidig, aber mit der nötigen Festigkeit.
Den Abschluss des Okulars bildet zum Augenschutz bei rückstoßstarken Kalibern ein Gummiring (9 cm Abstand).
Das Sehfeld beträgt 20 m (2fach) und 3,3 m (12fach)– sehr gute Werte (Swarovski Z6i: 21 m, Zeiss Conquest: 20,5 m, Leica Fortis: 20,4 m). Damit liegt man mit den teureren Mitbewerbern gleichauf. 

Schwarz auf Weiß –Labormessungen

Blaser gibt die Transmissionswerte mit 90 Prozent bei Nacht und 94,0 bei Tag an, was unser optisches Labor auf den Punkt bestätigte. Der Falschlichtanteil liegt bei 2facher Vergrößerung bei 0,7 und bei 12fach bei 1,0 Prozent. Auch beim Auflösungsvermögen konnte das B 2 mit 3,0 Bogensekunden punkten.
Eine kleine Schwäche leistete sich das RWJ-Testglas (Vor-Serie) in puncto Paral­laxe – auf der Okularseite ergaben sich leichte Fokussierungsdifferenzen, nicht dramatisch und in der Praxis kaum bemerkbar, aber das geht besser. Auf Nach­frage bestätigte Blaser, das dieses Problem bei den Serien-Modellen inzwischen abgestellt wurde.
Im Revier bestätigten sich die guten Messwerte, bis in die tiefe Dämmerung lieferte das RWJ-Testglas ein helles, randscharfes und sehr detailliertes Bild. 

Pfiffiger Adapter

Die CM-Vorsatzmontage ist ein Alu- Klemmadapter für Außendurchmesser  von 56, 62 und 64,5 mm. Innen ist eine rutschhemmende Gummierung vorhanden, die Klemmhülse wird über einen horizontal arbeitenden Bügel bedient, der geschlossen flach anliegt (a la Smart-Clip). Die Klemmkraft lässt sich über eine Torxschraube verstellen, die man mit einer Schraube gegen unbeabsichtigtes Verstellen sichert. Das Besondere ist eine Schwalbenschwanzführung im Oberteil für das Scharnier des Flip-Covers. Nutzt man den Adapter ohne Flip-Cover, wird die Ausfräsung mit einer Platte abgedeckt. Der 56er Adapter wiegt 122 g.

Der Schlitz im Adapter passt genau über die Führung im Objektiv-Schutzdeckel des Zielfernrohrs.

WBK-Vorsatz Liemke Luchs 1

Wärmebildkameras stammen meist aus Fernost – selbst wenn der Name eines deutschen Herstellers draufsteht, handelt es sich in der Regel um im Auftrag gefertigte Produkte (sog. OEM-Ware/original equip­ment manufacturer) – heute in vielen Branchen üblich und keinesfalls als minderwertig anzusehen. Diesen Weg ging bisher auch Liemke, doch das neue Luchs 1 wird in Deutschland produziert !
Vom Design unterscheidet es sich erheblich von Fernost-Geräten und auch technisch bietet es interessante Innovationen. Die technischen Komponenten stammen natürlich vom Weltmarkt, denn Wärmedetektoren produzieren nur wenige große Hersteller weltweit.
Das Luchs 1 verwendet einen VOX Detector (640 x 512 Pixel/12 µm² Pitch) mit einer Bildwiederholungsrate von 50 Hz. Sein OLED-Bildschirm hat eine Auflösung von 1 024 x 786 Pixel und das Germanium-Objektiv 35 mm Durchmesser. Das Sehfeld wird mit 22 x 17,6 m/100 m angegeben.
Als Dual-Use-Gerät hat es natürlich keine Vergrößerung, es steht aber ein vor­übergehender Zweifach-Zoom zur Verfügung. Dazu muss man zwei Tasten drücken und halten – lässt man eine los, geht das Gerät sofort in den Einfach-Modus zurück – und schließt so effektiv aus, dass man mit digitaler Vergrößerung schießen kann, was zur Treffpunktlageveränderung führen würde.
Für dieses High-End-Gerät werden definitiv ausschließlich leistungsstarke Komponenten verwendet. Innovativ und sehr hochwertig ist das Gehäuse, dem man made in Germany ansieht.
Eingeschaltet wird absolut lautlos über einen Drehschalter links am Gehäuse – mit einer 90 Grad Drehung wird eingeschaltet, dreht man die Hälfte wieder zurück, wird der Bildschirm abgeschaltet und das Luchs geht in den Stand-by-Modus. Ein kurzer Druck nach vorn reicht, um wieder ein Bild zu bekommen – clever und praxisgerecht. Den Schalter findet man auch im Dunkeln problemlos, er ist nicht mit anderen zu verwechseln. Oben liegt ein Tastenfeld mit drei gummierten Drucktasten – in der Mitte die Menü-Taste, davor und dahinter Up und Down zum Navigieren im Menü, jede arbeitet mit einem langen oder kurzen Druck:

  • die vordere verändert bei kurzem Druck die Bildschirm-Helligkeit und löst bei langem die manuelle Kalibrierung aus
  • über die mittlere gelangt man über einen langen Druck ins Menü, ein kurzer ändert den Bildmodus (white hot, black hot, extra dunkel, red hot und rainbow, besonders extra dunkel ist sehr angenehm)
  • die hintere Taste dient zur Aufnahme von Fotos (kurz) und Videos (lang)

Per Bluetooth lassen sich Fotos und Videos direkt auf ein Smartphone oder Tablet streamen (32 GB Speicher).
Die Stromversorgung übernimmt ein fest verbauter Lithium-Ionen-Akku (4 800 mAh), der je nach Umgebungstemperatur für sieben bis neuen Stunden Betriebsdauer reicht. Ein Akku-Symbol unten im Bildschirm zeigt den Ladezustand, über eine Micro-USB-Buchse lässt sich eine Powerbank anschliessen.
Das Luchs 1 ist mit 161 x 64 x 65 mm erfreulich kompakt und wiegt nur 580 g. Die Unterseite ist flach, so dass es kaum zu Montageproblemen bei zu geringem Abstand zum Lauf kommt. Scharf gestellt wird vorn am Objektiv über einen griffigen, fein geriffelten Drehring.

Am Schießstand und im Revier

Wir haben das Nachtsichtpaket auf eine R 8 (.30-06) montiert und das Zielfernrohr auf 100 m eingeschossen. Die Absehenverstellung arbeitet präzise – pro Klick exakt um einen Zentimeter. Mit  aufgesetzt Luchs 1 wurde dann auf 100 m auf ein 4 cm-Wärmepad geschossen. Die Korrektur der Treffpunktlage war mit dem Verschiebe-Menü problemlos.
Die Abweichungen betrugen nur wenige Zentimeter, nach wenigen Schüssen schoss die Kombi Fleck.
Es stehen drei Verstell-Profile zur Verfügung (G 1 bis G 3), so dass man den Vorsatz auf drei verschiedenen Waffen einsetzen kann ein wiederholtes Abnehmen und Aufsetzen ist ohne Veränderung der Treffpunktlage möglich. 
Wir haben das Luchs 1 mehrere Wochen im Revier unter unterschiedlichen Wetter­bedingungen geführt – als handgehaltenes Beobachtungsgerät als auch vor ein Zielfernrohr montiert (nicht in NRW). Gerade die Witterung hat großen Einfluss auf die Bildqualität einer WBK – bei trübem Wetter und Regen lässt der Kontrast stark nach, weil alles gleichmäßig ausgekühlt wird. Hat ein Ast im Vordergrund etwa genau die gleiche Temperatur wie der Hang im Hintergrund, wird er für die WBK quasi unsichtbar.
Das Bild hat einen sehr guten Kontrast und eine gute Detailerkennbarkeit. Auch bei Regen oder leichtem Nebel lieferte es noch sehr gute Bilder und kann zu Recht als High-End-Gerät bezeichnet werden.

Rehe auf 50m
Die Vergrößerung des B 2 lässt sich bis etwa 10fach nutzen, bevor es pixelig wird. Das sehr große Sehfeld füllt das Bild des Zielfernrohres schon bei zweifacher Vergrößerung in der Breite komplett aus.
Bei der Software wurden sehr nützliche Details verbaut, so lassen sich im Menü Modie, die man nicht braucht, einfach deaktivieren, so dass man sich bei der Schnellumstellung nicht durch unnötig viele Modis durchklicken muss. Wir beließen im RWJ-Test nur noch hot white, hot black und extra dunkel und konnten so blitzschnell wechseln.
Mit einer Startzeit von nur fünf Sekunden ist das Luchs schnell einsatzbereit. Wir blieben aber meist im stand-by, der Akku ist dafür leistungsstark genug – bei 2 Grad Plus hielt er über 8 Stunden.
Der Preis liegt bei 3 990 €, die Garantiezeit beträgt drei Jahre.

Resümee: Blasers Komplettlösung hat eine Menge Vorteile – das B 2 bietet für 1 890 € (mit Schiene) eine gute optische und mechanische Leistung und ist bestechend kurz. Der Allrounder leistet auch bei Drückjagd oder Dämmerungsansitzen gute Dienste. In Verbindung mit Liemkes Luchs 1 wird es zum Nachtspezialisten. Die neue, wirklich innovative Wärmebildkamera ist hervorragend verarbeitet, seine Bildqualität top, die Software ausgereift und auf den Jagdgebrauch abgestimmt. Das Sehfeld ist extrem groß und die Bedienung sehr einfach und unkompliziert – ein leistungsstarkes Gerät, das unter WBK-Vorsätzen einen Spitzenplatz belegt. Blasers Adapter verbindet beide Optiken zu einer perfekten Einheit.
Wer sich über die optimale Zusammenstellung einer universellen Ziel- und Nachtjagdoptik keine großen Gedanken machen will, liegt mit diesem Komplett­paket richtig.
Norbert Klups

Technik auf einen Blick
Blaser B 2 2 - 12 x 50

  1. Hersteller: Blaser Jagdwaffen (Isny)
  2. Modell: B 2 
  3. Vergrößerung: 2 - 12fach
  4. Objektivdurchmesser: 50 mm
  5. Mittelrohrdurchmesser: 30 mm
  6. Austrittspupille: 9,8 - 4,2 mm
  7. Augenabstand: 90 mm  
  8. Sehfeld auf 100 m: 20,0 m (2 fach), auf 3,3 m (12 fach)
  9. Absehen: 2. Bildebene
  10. Verstellung pro Klick: 1 cm/100 m 
  11. Länge: 33 cm 
  12. Gewicht: 735 g (mit Schiene 760 g)
  13. Preis: 1 840 € (mit Schiene 1 890 €)

Liemke Luchs 1

  1. Modell: Liemke Luchs 1
  2. Brennweite: 35 mm/F 1.0
  3. Sensor Auflösung :VOX 640 x 512
  4. Display Auflösung: 1 024 x 768
  5. Display Bildfrequenz: 50 Hz
  6. Display-Typ: OLED
  7. Reichweite: 1 750 m
  8. Pitch: 12 μm
  9. digitaler Zoom: 1 - 8fach
  10. Akku: 2 x 18 650
  11. Laufzeit: 6 - 9 Stunden
  12. Video/Foto-Funktion: ja
  13. interner Speicher: 32 GB
  14. Gewicht: 580 g (inkl. Akku o. Adapter)
  15. Maße: 161 x 64 x 65 mm
  16. Preis: 3 990 €